Gehören zum Glücklichsein teure Urlaube, protzige Autos und ausgiebige Shopping-Touren? Nein, sagt die Wissenschaft, denn diese Dinge sorgen nur für einen kurzen Glücksrausch. Sie beeinflussen unser Glück nicht grundlegend oder langfristig. Laut den Recherchen unseres Autors Calvin Holbrook, liegt tiefes, wahres glücklich sein in den kleinen Freuden des Alltags, in der Leidenschaft und der Lebenszufriedenheit.
Was bedeutet glücklich sein? Um diese Frage drehen sich seit Ewigkeiten die Gedanken vieler Philosoph*innen, Theolog*innen und ganz normaler Menschen wie du und ich.
Seit einiger Zeit bekommt diese Frage mehr Aufmerksamkeit von Seiten der Wissenschaft. Doch bringen uns diese aktuellen Forschungen über unser Wohlbefinden der wahren Definition vom Glücklichsein tatsächlich näher?
Bevor wir uns damit befassen, was die Wissenschaft über das Glücklichsein herausgefunden hat, ist es wahrscheinlich einfacher erst einmal festzulegen, was Glück definitiv NICHT ist.
Daten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, einer Zeit in der Weltkriege und Wirtschaftskrisen den Alltag bestimmten, belegen, dass die Menschen glücklicher waren, als ihr Einkommen anstieg. Damals zeigten Studien, dass Menschen mit mehr Geld deutlich glücklicher waren. Heutzutage ist das anders.
Obwohl es natürlich schwieriger ist in Armut glücklich zu sein, zeigen aktuelle Forschungen, dass, sobald ein gewisser Wohlstand erreicht ist, noch mehr Geld den Menschen nicht noch glücklicher macht. Das beliebte Werbeversprechen "Kauf dich glücklich" funktioniert also nur in einem sehr begrenzten Maß.
"Erfolg bedeutet nicht, einfach jede Menge Geld zu haben. Viele Menschen mit viel Geld führen ein unglaublich unglückliches und unausgeglichenes Leben." Benjamin P. Hardy
In einer Studie aus dem Jahr 2010 haben Daniel Kahnemann und Angus Deaten von der Universität Princeton den Zusammenhang zwischen Glücklichsein und Einkommen an einer konkreten Zahl festgenmacht. Die Forscher haben ein Jahreseinkommen von 75.000 Dollar bzw. knapp 65.000 Euro als Schwelle [für die USA[ festgelegt. Bis zu dieser Grenze macht wachsendes Einkommen glücklicher. Alles, was diesen Betrag übersteigt, hat keinen Einfluss mehr auf das Glücksgefühl. [1]
Erlebnisse mit geliebten Menschen können eine Quelle von Glückserlebnissen sein
Es gibt aber eine Ausnahme, und zwar wenn man sich mit seinem Geld Erlebnisse kauft, die man mit Freunden und der Familie teilt.
In ihrem Buch Happy Money: The Science of Smarter Spending zeigen die Autoren Elizabeth Dunn und Michael Norton, dass es uns sehr wohl glücklich macht, wenn wir unser hart verdientes Geld für Aktivitäten nutzen oder es für andere ausgeben. [2] Altruismus ist hier ein wichtiges Stichwort, denn ettliche Studien zeigen: wer gibt wird glücklicher.
"Wenn du anderen Personen etwas abgibst, stellst du eine besondere Verbindung zu diesem Menschen her, und das ist definitiv gut für das eigene Glück." M. Norton, Professor für Marketing an der Harvard Universität
Auf die Frage „Was bedeutet glücklich sein“ sagt die Wissenschaft, dass Glück nicht aus dem Gefühl resultiert, rund um die Uhr glücklich zu sein. Tatsächlich erleben auch glückliche Menschen Zeiten, in denen sie traurig und unglücklich sind.
Forscher*innen fanden heraus, dass Menschen eine Art Grundlinie, also einen Glücks-Sollwert, den sogenannten „set-point“ haben.
Was ist Glück? Jeder von uns hat einen unterschiedlichen Sollwert für Glück
Dieser Begriff aus der Psychologie beschreibt unser allgemeines Level an Wohlbefinden. Jeder Mensch hat einen anderen Glücks-Sollwert: Diejenigen mit einem hohen set-point sind generell glücklicher als die mit einer weniger optimistischen Grundeinstellung (und einem niedrigeren set-point).
"Selbst ein glückliches Lebens ist nichts ohne Düsterkeit, und das Wort „glücklich“ würde seine Bedeutung verlieren, würde es nicht von der Traurigkeit ausbalanciert werden." Carl Jung
Es heißt, dass unser Glücks-Niveau unter unseren Glücks-Sollwert sinkt, sobald unglückliche Ereignisse in unser Leben treten. Hingegen pushen aufregende Dinge unser Glücks-Niveau deutlich über unseren set-point. Früher oder später, wenn diese positiven oder negativen Dinge vorbei sind, pendelt sich unser Glücks-Gleichgewicht wieder auf seinem natürlichen Level ein (aus diesem Grund fühlen sich manche von uns zum Beispiel nach einem wunderschönen Urlaub erst einmal etwas niedergeschlagen, wenn sie sich wieder im Alltag einfinden)
Noch immer denken viele Menschen, dass glücklich zu sein ein Ziel ist, das sie erlangen, sobald sie einen gewissen Punkt auf ihrer großen To Do-Liste erreicht haben: Einen gut bezahlten Job, eine Partnerschaft, ein abgezahltes Darlehen, Kinder, das neueste High Tech-Gerät oder ein Paar neuer Sneakers.
Aber oftmals vergessen wir, dass wir im Hier und Jetzt zu leben, und genau das ist einer der Schlüssel zum Glück: Es als eine Reise zu betrachten und nicht als Ziel. Ebenso erfordert es Anstrengung, Glück zu erlangen und zu halten. In der Tat funktionieren viele Dinge, die uns Glück und Zufriedenheit bringen nur, wenn wir sie regelmäßig betreiben und sie nicht als einmalige Tätigkeiten ansehen. Beispiele dafür sind bewusst empfundene Dankbarkeit z.B. beim Schreiben eines Dankbarkeits-Tagebuchs, Sport treiben oder Meditation, durch die wir üben in den aktuellen Moment zurückzukehren.
"Das heißt: Glück ist keine Station, an der du ankommst, sondern eine Art des Reisens" Margaret Lee Runbeck
Andererseits weren einmalige und besondere Ereignisse, wie eine Hochzeit oder eine Beförderung uns nur kurzfristig glücklich machen. Denn dieses Gefühl lässt mit der Zeit wieder nach (du erinnerst dich an den Glücks-Sollwert?) und pendelt sich auch den unsprünglichen Wert ein - ganz egal wie opulent die Hochzeit, die prestigeträchtig die Beföderung oder wie luxuriös die Reise.
Nun wissen wir, was Glück NICHT ist. Aber wie können wir jetzt Glück definieren? In ihrem angesehenen Buch The How of Happiness, definiert Sonja Lyubomirsky, Wissenschaftlerin für Positive Psychologie, den Begriff Glück: Glück eine Erfahrung der Freude, Zufriedenheit und des Wohlbefindens, kombiniert mit dem Gefühl, dass das eigene Leben gut, bedeutsam und lohnenswert ist. [3]
What is the definition of happiness? © YouTube/Greater Good Science Center
Somit werden tagtägliche Freuden und ein Sinn im Leben (durch Zufriedenheit im Job zum Beispiel) als zwei Schlüsselfaktoren in der Definition von glücklich sein gesehen. Dieser Meinung waren schon die alten Griechen, die glaubten, dass Glück aus zwei Teilen besteht: Hedonia oder Vergnügen sowie Eudaimonia oder Bedeutung.
Der Pionoier der Positiven Psychologie Martin Seligmann hat u.a. in seinem Buch "Authentic Happiness“ – noch weitere Komponenten zu diesem Faktoren des Glücklichseins hinzugefügt. Dies resultiert im sogenannten Perma Model, das die fünf Säulen des Glücklichseins definiert [4]:
Dieses Modell zeigt, dass wir an vielen Stellen die Möglichkeit haben uns aktiv ein glücklicheres Leben zu erschaffen und, dass dies entscheident daran liegt wie wir jeden Tag leben und nicht mit wieviel Besitz wir an einem Tag umgeben waren. Wer zum Beispiel in einer Lebensphase keine Freunde hat, kann sich sozial engagieren und wird dadurch gleich mehrere der Glücksfaktoren positiv beeinflussen.
"Glück ist eine Wahl. Du kannst dich dafür entscheiden, glücklich zu sein. Es wird Stress im Leben geben, aber es ist deine Entscheidung, ob du dich davon beeinflussen lässt oder nicht." Valerie Bertinelli
Ein weiterer wichtiger Faktor in userem Verständnis und unserer Definition ist das subjektive Wohlbefinden (subjective well-being SWB) [5] Indem siedrei Aspekte von Glück – Freude, Bedeutung und Engagement – kombiniert haben, sind Psycholog*innen auf diese weitere wissenschaftliche Definition des Begriffs Glück gekommen.
Glück ist Bewegung: Finde heraus, was du liebst und nimm die öfter Zeit dafür!
So ist unser subjektives Wohlbefinden, oder Glück, eine Kombination daraus, wie gut wir uns tagtäglich fühlen, wie zufrieden wir mit unserem Leben sind (hat unser Leben einen Sinn?) und wie engagiert wir sowohl in den Dingen sind, die wir lieben, als auch in der Vernetzung mit unseren Freunden und unserer Familie.
In diesem Zusammenhang ist die Cherophobie - die Angst vor dem Glücklichsein - ein interessantes in den letzen Jahren immer verbreitertes Phänomen. Die gute Nachricht ist jedoch, wir haben einen beachtlichen Teil unseres Glücklichseins selbst in der Hand und das ist auch die schlechte Nachricht, denn wie so oft ist es unsere eigene Verantwortung.
Glücklicherweise, neben unserer Genetik, die unseren Glücks-Sollwert festlegt, können wir an der Veränderung des tagtäglichen Glücksempfindens arbeiten. Die Suche nach Glück kann uns ein Leben bescheren in dem Sinn, Freundschaften, Wertschätzung, Motivation und Errungenschaften lebenslange Gewohnheiten schaffen, die letztendlich zu einem zufriedeneren, erfüllteren und fröhlicheren Leben führen, das sich nur schwerlich langfristig erschüttern lässt!
Genau das ist unsere Definition von Glück. ●
[1] https://www.pnas.org/content/107/38/16489.full
[2] https://www.hbs.edu/faculty/Pages/item.aspx?num=43404
[3] https://booktree.ng/the-how-of-happiness-by-sonja-lyubomirsky-pdf/
[4] https://positivepsychology.com/perma-model/
[5] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK174473/
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Calvin ist Journalist und der Redakteur des englischen happiness Magazins und damit ein echter Experte für unser Glücklichsein. Es ist als Collagekünstler tätig, liebt Yoga, zu schwimmen, zu House oder Technomusik zu tanzen und alles was man unter "vintage" versteht.
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