Der Originaltext erschien in unserem englischen happiness Magazin.
Glück: Es ist einfach zu glauben, dass es sich bei dem Begriff „Glücklich sein“ um eine universelle Emotion handelt. Aber ist das tatsächlich so? In Wirklichkeit lässt die interkulturelle Forschung das Gegenteil vermuten. Die Beziehung zwischen verschiedenen Kulturen und dem Begriff Glück ist alles andere als einfach. Sie variiert, Glück bedeutet in verschiedenen Ländern bisweilen etwas ganz anderes.
Glücklich zu sein ist in einigen Teilen der Welt nicht unbedingt ein wünschenswerter Zustand, selbst wenn dies überraschend sein mag. In der chinesischen Kultur zum Beispiel sind Beerdigungen ein glücklicher Anlass. Die Vorbereitung auf sie kann ein Maß an Enthusiasmus hervorrufen, das im Westen wohl schwer zu verstehen ist.
In der chinesischen Kultur bereiten sich die Menschen intensiv auf die Beerdigung vor. Sie wählen die Kleider aus, die sie tragen und suchen passende Schuhe sowie Schmuck dazu aus. Sie planen die zu servierenden Speisen und vieles mehr. Aus westlicher Sicht ähnelt dies mehr der Vorbereitung auf eine Hochzeit.
Dieses chinesische Beispiel ist nur eines von vielen. Es zeigt jedoch, wie unterschiedlich die verschiedenen Kulturen Glück interpretieren und erleben. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf das faszinierende Konzept des Glücks aus einem interkulturellen Blickwinkel. Sobald du mehr über das Glücklichsein in verschiedenen Kulturen liest, verstehst du unser eigenes Streben nach Zufriedenheit deutlich besser.
Wenn wir mehr darüber lernen, was andere Kulturen und Länder unter Glück verstehen, kommen wir schnell zu der Erkenntnis: Es nicht einfach, eine gemeinsame Grundlage für alle Kulturen zu finden, die deren Wohlbefindens und ihre Freude beschreibt.
Dieses Thema zieht seit Jahrzehnten die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich. Beispielsweise versuchen Umfragen wie „Ladder of Life“ von Pew oder „World Values Surveys“, die Lebenszufriedenheit und das Wohlbefinden auf globaler Ebene zu messen. Jahr für Jahr ordnet der Weltglücksreport der Vereinten Nationen die Länder nach ihrem Glücksgrad. Dabei versucht er zu verstehen, was Menschen denn nun glücklich macht.
"Während das Glück in allen Kulturen existiert, variieren seine Bedeutung und seine Art und Weise, wie es erlebt wird: Was die Menschen in einem Land glücklich macht, kann in einem anderen Land anders sein."
Alle diese Umfragen und Berichte bieten interessante Einblicke in die jeweiligen „Zutaten“ zum Glücklichsein der verschiedenen Kulturen. Obwohl es kein Standardrezept gibt, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass vornehmlich zwei Varianten existieren. Wohlbefinden und Glück definieren und erleben die westliche und die nicht-westliche Welt ganz unterschiedlich.
Die westlichen Gesellschaften betrachten Einkommen und Reichtum oft als wichtige Faktoren, um glücklich zu sein. Bedeutet das dann, dass weniger wohlhabende Menschen dazu verurteilt sind, unglücklich zu sein? Nicht unbedingt.
Tatsächlich zeigen einige Studien, dass arme Menschen in östlichen Ländern glücklicher sind. Möglicherweise liegt es daran, dass in diesen Kulturen das persönliche Glück eng mit anderen Faktoren als dem Einkommen und dem materiellen Besitz zusammenhängt, beispielsweise mit persönlichen Beziehungen. Es ist ebenfalls interessant festzustellen, wie das Glücksniveau zu sinken scheint, sobald Entwicklungsländer wohlhabender werden. Dies war in Indien der Fall, wo die Menschen mit zunehmendem Einkommen weniger glücklich wurden.
Das Entwicklungsniveau eines Landes ist jedoch nicht der einzige Faktor. Nimm zwei hoch entwickelte Nationen wie zum Beispiel die Vereinigten Staaten und Japan. Dann siehst du deutliche Unterschiede, wie die Menschen dort das Glück wahrnehmen. In den USA sind Freiheit und persönliche Errungenschaften starke Faktoren, um glücklich zu sein. In Japan dagegen zählen Werte wie Enthaltsamkeit, soziale Harmonie und Glück zu haben als Voraussetzungen für ein glückliches Leben. Das zeigt, wie wichtig (und unterschiedlich) kulturelle Werte sind. So lässt sich leichter verstehen, wie Menschen in verschiedenen Kulturen ihr persönliches Glück finden.
Zu diesen kulturellen Werten zählen in verschiedenen Ländern mit oberster Priorität die familiären Bindungen und die sozialen Rollen, um glücklich zu sein. Starke, zwischenmenschliche Beziehungen sind in Ländern wie der Schweiz, Island und Australien ebenso wichtig wie in ostasiatischen Ländern oder in Lateinamerika.
"Arme Menschen sind in den östlichen Ländern tatsächlich glücklicher, möglicherweise weil Glück in diesen Kulturen eng mit anderen Faktoren als dem Einkommen und dem materiellen Besitz zusammenhängt."
Darüber hinaus bestätigen globale Studien, dass sich das Glücklichsein aus verschiedenen Modulen zusammensetzt. Die fünf gebräuchlichsten Bausteine neben dem Einkommen sind soziale Unterstützung, eine gute Gesundheit sowie Freiheit. Des Weiteren gehören ein vertrauensvolles und freigiebiges Umfeld dazu.
Kulturelle Unterschiede: Die Bedeutung von Glück in China ist anders
Die unterschiedliche Art und Weise, wie verschiedenen Kulturen das Glück erleben, spiegelt sich zudem in der Sprache wider. Wörter wie „Glück“ oder „glücklich sein“ rufen in der östlichen und westlichen Kultur unterschiedliche Assoziationen hervor. Sie lassen sich daher nicht immer direkt übersetzen.
Zum Beispiel hat Mandarin gleich mehrere Wörter für „Glück“. Sie entsprechen nicht der deutschen Übersetzung des Glücks. Vielmehr können sie alles bedeuten von „guter Laune“ bis zu „Sinn im Leben“ oder „gutes Leben“. Glück bedeutet auf Mandarin sogar „guter Tod“, was in deutschsprachigen Kulturen eine undenkbare sprachliche Verbindung ist. So unterschiedlich die verschiedenen Sprachen Glück definieren, so unterschiedlich erleben es die Kulturen auch.
Ein weiteres Beispiel ist das dänische Lebenskonzept „lykke“, das ebenfalls mit „Glück“ übersetzt wird. Es hat aber nichts damit zu tun, wie die Bewohner der Vereinigten Staaten Glück zelebrieren. Während es in Dänemark eher einen Weg zu leben darstellt, bezieht sich Glück in den USA auf einen verherrlichenden Zustand. Abweichend davon bezeichnet das kantonesische Wort für Glück in Hongkong Emotionen, deren Bedeutung eher Ruhe und Entspannung entspricht, als einem überschwänglichen Zustand.
Globales Glück: Was Menschen glücklich macht, variiert weltweit
Die Faktoren für Glück variieren nicht nur in den verschiedenen Kulturen. Auch die persönliche Einstellung der Menschen zum Glücklichsein ist unterschiedlich. Für die meisten von uns ist das Streben nach Glück eine Selbstverständlichkeit. Wir ändern unser Leben immer wieder, um dieses Ziel zu erreichen. Doch nicht alle verfolgen ihr Glück auf eine so aktive Weise.
Zum Beispiel streben Menschen in östlichen Kulturen wie China, Japan und Taiwan nicht nach dem Glück. Viel mehr stehen sie dieser Idee eher abgeneigt gegenüber. Denn sie glauben, dass sie das Unglück herbeirufen, wenn sie dem Glück hinterherlaufen. Das hängt mit kulturellen Überzeugungen zusammen. Dazu gehört die Vorstellung, dass Gegensätze Hand in Hand gehen oder dass zu viel an Glück bestraft wird.
"Unter diesen kulturellen Werten sind familiäre Bindungen und soziale Rollen oberste Priorität für das Glück in verschiedenen Kulturen."
In anderen Kulturen ist Glück eher mit Begriffen wie Glück haben oder Zufall verbunden. Daher sehen die Menschen keinen Grund, dieses Ziel aktiv zu verfolgen. Das ist der Fall in Russland, Deutschland, Frankreich und Norwegen, wo die Wahrnehmung vom amerikanischen Glückskonzept deutlich abweicht. Denn die US-Bürger betrachten Glück als ein Menschenrecht, das es wert ist, danach zu streben. In anderen Fällen kann der Wunsch nach individueller Zufriedenheit zu Konflikten mit anderen Werten führen, beispielsweise dem Erhalt der sozialen Harmonie. Daher ist es dort weniger wichtig, das persönliche Glück zu erreichen.
Das klingt alles zunächst verwirrend. Dennoch können wir aus den unterschiedlichen Bedeutungen, die das Glück in verschiedenen Kulturen einnimmt, viel lernen. Während das Glück in allen Kulturen existiert, variieren seine Bedeutungen und die Form, wie die Menschen es erleben: Welche Faktoren in einem Land die Bürger glücklich machen, kann überall ganz unterschiedlich sein.
Familie ist in vielen Kulturen der Schlüssel zum Glück (shutterstock / Monkey Business Images)
In der Tat variieren die Symbole des Glücks in den verschiedenen Kulturen. Das Gleiche gilt für die Art und Weise, wie Glück ausgedrückt oder wahrgenommen wird. Weder der Begriff des Glücks noch die Faktoren, die dazu beitragen, sind absolut oder universell.
Das ist aber keine schlechte Sache. Ein multidimensionaler und interkultureller Ansatz kann dazu führen, dass wir selbst einmal überdenken, wie wir unser persönliches Glück definieren. So stellen wir unsere Annahmen infrage und können letztendlich den Weg zum Glücklichsein viel vielfältiger und befriedigender gestalten. ●
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Dee ist Absolventin der Sozialwissenschaften mit einem starken Interesse an Sprachen, Kommunikations- und Persönlichkeitsentwicklungsstrategien. Sie liebt es zu trainieren, in der Natur zu sein und warme und sonnige Orte zu entdecken, an denen sie vor dem Winter fliehen kann.
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