Ich liege im Bett. Die Abendsonne scheint durch die halb heruntergelassenen Rollos und malt leuchtende Muster auf die Tapete. Das Bett ist eine Kissenlandschaft, wunderbar weich und bequem.
Ich betrachte das Holz der Fensterläden und male mir aus, wie lange die Bäume dafür wohl gewachsen sind. Wo kommen sie her, und wie wurden sie verarbeitet?
Der Blick fällt auf das Metall der Heizkörper: wie viele Menschen haben das Metall aus dem Boden geschürft und es in Form gegossen? Im Winter schenkt uns dieser Heizkörper Wärme.
Der Blick fällt auch unseren Fußboden: wie glatt und angenehm warm sich das Holz beim Barfußlaufen an den Fuß schmiegt.
Ich spüre die Matratze unter meinem Körper: Was hätten sich die Menschen vor 200 Jahren über eine solch weiche Matratze gefreut. Kein pieksendes Stroh, kein harter Boden.
Ich stelle mir den farbigen Sud der Pflanzenfasern vor, mit denen die Stoffe der Bettwäsche gefärbt wurden. So viele Farben, so weiche Materialien.
Angenehmer Stoff auf meiner Haut. Ein Dach über meinem Kopf.
Wie glücklich ich mich schätzen kann!
Ich könnte auch die Perspektive wechseln. Mich auf die einfach verglasten Fenster konzentrieren, die die Kälte im Winter willkommen heißen, die Fenster beschlagen lassen und jegliches Heizen erschweren.
Ich könnte mich an der Tapete an der Wand stören, die abblättert und deren Farbe mir nicht gefällt. Seit dem Umzug wollte ich sie eigentlich schon ändern. Es ist nur ein Punkt von vielen auf meiner To-Do-Liste, die abgearbeitet werden müssten.
Ich blende diese Dinge aus. Ich habe mich entschieden, mich auf die positiven Dinge im Leben zu konzentrieren. Meine Perspektive richtet sich daher auf den Reichtum an Glück und Zufriedenheit, der in meinem Leben vorhanden ist.
Das bedeutet nicht, dass mir das spielend leicht und stets gelingt. Die Perspektive auf die positiven Dinge zu richten, ist schwierig. Mal mehr, mal weniger, je nach Verfassung und Lebenssituation.
Von außen betrachtet: Blicke mit Abstand auf deine Situation - was würdest du einer/m Freund/in raten?
Ein klassisches Beispiel, wann das weniger gut funktioniert, ist das Ende einer Beziehung. In vielen Fällen führt das Aus zu negativen Gefühlen, bösen und teilweise sogar rachsüchtigen Gedanken. Manch einer befindet sich in einer Spirale negativer Grübeleien, aus der es schwer ist, wieder auszubrechen.
Hier ist es anfangs schwer, die Perspektive zu ändern.
Eine veränderte Perspektive könnte jedoch sein, dass Single zu werden der Beginn von etwas Neuem ist. Wenn man es schafft, den Blick auf die Situation zu erneuern, kommt ein anderes Bild als das des Verlassenes Neu-Singles zum Vorschein. Es ist sogar möglich, durch eine Trennung eine selbstbewusstere und positivere Perspektive von sich selbst zu erhalten.
Es hilft auch, den Teil von sich selbst zu umarmen, der möglicherweise keinen Raum für Selbstausdruck innerhalb der Beziehung gefunden hat und dem man nun durch die Trennung viel Selbstfürsorge und Liebe zukommen lässt.
Wissenschaftler haben viel über Techniken erforscht, die es uns ermöglichen , Dinge in einem neuen Licht zu sehen. Eine davon, die „Reframing“-Methode, sehen wir uns einmal näher an.
Eine Neuausrichtung der Sichtweise macht einen großen Unterschied, was das Glücksempfinden und die Zufriedenheit betrifft. Der englische Begriff „Reframing“ erklärt eine Methode, bei der die Art und Weise, wie jemand seine Vergangenheit sieht, neu gestaltet wird. Als Beispiel könnte eine Person davon überzeugt sein, dass bestimmte negative Ergebnisse immer passieren, „weil ich so bin“. Möglicherweise wurde dieser Person gesagt, dass sie impulsiv oder hitzköpfig ist und schlussendlich setzen sich diese Kommentare in ihrem Selbstbild fest und sie glaubt, wirklich so zu sein.
Doch es gibt Möglichkeiten, dieses Selbstbild zu ändern. Studien haben gezeigt, dass durch das Umbenennen eines negativen Attributs aus der Vergangenheit die Leistung gesteigert werden kann. Bei der Umbenennung der sogenannten impulsiven Vergangenheit beispielsweise als kreative Vergangenheit, kann sich die ganze Gegenwart und Person zum positiven verändern.
Eine andere Sichtweise: Verändere deinen Blick und erzähle die Geschichte neu
Indem wir uns daran gewöhnen, positiv zu sein, können wir mit Kritik und Rückschlägen viel besser umgehen. Diese veränderte Perspektive bedeutet nicht nur, dass wir uns besser gegen potenzielle Widrigkeiten richten, sondern auch die Fähigkeit, Probleme zu lösen, effizienter.
Wenn wir ein größeres Bild sehen, bedeutet das manchmal, einen Schritt zurückzutreten und Zeit zu schaffen, um die Perspektive zu gewinnen, die wir für unser Glück und Mitgefühl benötigen. Aus der Sicht eines Astronauten kommt das Sehen des größeren Bilds buchstäblich aus einem Makro-Blick auf die Welt.
Es gibt viele Illustrationen aus unserer Zeit, die die Auswirkungen eines Perspektivwechsels verdeutlichen. Eines der Projekte stammt von Benjamin Grant. Der Autor hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Sicht auf unseren Planeten zu verändern. Die Idee kam ihm durch ein berühmtes Foto eines Austronauten und dessen Auswirkungen auf die Betrachter.
Während der Apollo-Missionen, als die NASA daran arbeitete, Menschen auf den Mond zu bringen, nahm der Astronaut Bill Anders eines der legendärsten Bilder auf, die jemals von einer Kamera aufgenommen wurden. Während der Apollo-8-Mission im Jahr 1968 umkreiste das Raumschiff den Mond mehrmals. Als das Schiff am Horizont des Mondes vorbeikam, sah er als erster die Erde aus der Mondperspektive aufsteigen. Anders spürte tiefe Verbundenheit zu irdischem Leben und war tief bewegt. Seine weltberühmte "Earthrise" -Aufnahme ist laut Grant so ikonisch, weil sie die Menschheit aus einem anderen Blickwinkel zeigt.
Es ist wichtig zu verstehen, dass diese neue Perspektive keine neue Idee ist, die nur hübsch aussieht - obwohl das Bild schön ist. Die Auswirkungen, den solche Überblicke, im Englischen „Overviews“, haben, verändert den Geist. Das ist Grants Botschaft, der Nutzen seiner Bilder, wenn man so will. Die 'Earthrise'-Fotografie erfasst die gesamte Menschheit, schließt die Astronauten auf der Mission aus und zeigt etwas, das sich so verankert und dauerhaft anfühlt - unser Planet -, der sich in der einsamen Weite des Weltalls dreht.
Wenn man davon ausgeht, dass ein solches Bild die Erde von Grund auf verändert, sollte man bedenken, wie viele Astronauten von Weltraummissionen mit einer neuen Perspektive auf Leben und Menschheit zurückgekehrt sind (keine 600 Menschen). Dies, so Grant, ist der sogenannte "Übersichts-Effekt", der eine Folge der Weltraumfahrt ist und tiefgreifende Veränderungen im menschlichen Gehirn bewirken kann.
Grant wollte mehr Menschen als den nicht mal 600 Astronauten diesen „Überblickseffekt" ermöglichen. Er nutzt einige der beeindruckendsten Fotos, die von Satelliten über der Erde aufgenommen wurden, und verwendet sie, um Bilder zu erstellen, die die Gedanken der Erde verändern.
Informieren, den Horizont erweitern, Mitgefühl erzeugen. Jeden Tag ein neues Bild © Benjamin Grant
Ob seine Bilder von den Tulpenfeldern der Niederlande, den Olivenhainen Griechenlands oder den Flüchtlingslagern im Norden Kenias: Er setzt uns der Wahrheit aus. Aber nicht so, wie wir sie kennen. Die Farben, der Maßstab und die Perspektive - alles wird wie erwartet von oben aufgenommen - und gibt uns einen Einblick in die Welt, die wir kennen, aber auch wissentlich ignorieren. Seine Bilder bieten uns die Möglichkeit, Einblicke in die Fragilität von Ökosystemen, die Notlage der Mitmenschen zu gewinnen und, einfach, die Schönheit des Planeten zu bestaunen.
Wenn du noch nach Vorteilen suchst, warum du die Perspektive ändern solltest: Die Steigerung deines Glücks in einer davon. Wenn du dich auf etwas konzentrierst, das in deinem Leben scheinbar negativ ist, und dann mit einem anderen Blickwinkel darauf schaust, wirst du dich besser fühlen. Darüber hinaus kannst du sogar feststellen, dass es dir dabei hilft, Dinge besser zu machen. Dieser Ansatz wird als "Reframing" bezeichnet und ist nur eine Möglichkeit, aus der Erschließung neuer Perspektiven Nutzen zu ziehen. Dazu nutzen wir die oben erläuterte Methode des „Reframings“, mit der du dich selbstbewusster und weniger selbstkritisch fühlen kannst und dein Glück mehr genießen kannst.
"Wenn du dich auf etwas konzentrieren, von dem du glaubst, dass es in deinem Leben negativ ist, und du aus einem anderen Blickwinkel darauf eingehst, kannst du dich besser fühlen."
Wir sind von so viel Reichtum umgeben. Wir müssen nur hinsehen. Nehmen wir uns die Zeit zum hinsehen. Hören wir dem Wind in den Bäumen zu und lassen wir unsere eigenen Gedanken zu Wort kommen. Fragen wir uns, was wirklich in unserem Leben zählt. Meditation kann dabei helfen, Einblick in das Wesentliche zu gewinnen. Die Vorteile davon sind bereits wissenschaftlich belegt.
Einen Tag nach meinem Perspektivwechsel höre ich im Radio eine Sendung über Kinder in Uganda. Sie wohnen im Slum, gehen nicht zur Schule, wohnen mit vielen anderen Familienmitgliedern in einem Raum. Hygienische Standards sind nicht vorhanden. Ein Mädchen wird interviewt. Was sie sich wünsche. Sie war mal in der Stadt, erzählt sie. Dort gäbe es Toiletten, mit einem richtigen Toilettensitz. Und Spülkasten.
"It was like a miracle", sagt sie.
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Titelbild: Benjamin Grant
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Veronika ist freie Texterin und konzentriert sich privat und beruflich auf grüne Themen und versucht mit ihren Texten das zu tun, was Benjamin Grant mit seinen Bildern macht: Den Menschen zeigen, wie schützenswert unser Planet ist.
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