Zusätzlich zu den üblichen körperlichen und geistigen Vorteilen kann Yoga eingesetzt werden, um Traumata zu heilen. Sienna Saint-Cyr probierte traumasensibles Yoga und Neurogenic Yoga™ aus und teilt hier ihre Erfahrungen.

 

Der Zeitschrift Yoga Journal zufolge bringt tägliches Yoga 38 gesundheitliche Vorteile mit sich. Diese reichen von physischen Vorteilen wie erhöhter Beweglichkeit, Durchblutungsförderung und Blutdrucksenkung bis hin zu mentalen Aspekten der Gesundheit wie beispielsweise gesteigerter Konzentration. Mit den Praktiken des traumasensiblen Yogas kann sogar eine Heilung von Traumata erreicht werden.

Und mit diesen Behauptungen steht das Yoga Journal nicht alleine da. Orte wie die American Osteopathic Association und die Zeitschrift Psychology Today teilen die Ansichten über Yoga in Bezug auf körperliche und geistige Gesundheit. In der Tat hat das Interesse an Yoga in den westlichen Kulturen aufgrund all dieser Vorteile stark zugenommen. Das einzige Problem ist, dass durch die große Nachfrage eine regelrechte "Yoga-Industrie" geboren wurde. Jetzt gibt es so viele Arten und Stile, dass es oft schwierig ist, einen zu finden, der für dich gut funktioniert.

 

Trauma Heilung mit Yoga

Ich habe ein Sprichwort: "Yoga ist so persönlich wie Unterwäsche." Es passt entweder zu uns und unseren Bedürfnissen oder es passt nicht. Für die meisten Leute reicht es aus, verschiedene YouTube-Kanäle oder -Videos zu erkunden. Andere wiederum gehen zu Fitnesskursen oder ins nächstgelegene Yoga-Studio.

 


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Der beste Grund, sich zu verbiegen: Yoga kann Traumata und Panikattacken lindern © Shutterstock/Sfio Cracho


Aber für Menschen mit einem Trauma, insbesondere wenn es sich um eine posttraumatische Belastungsstörung handelt, können diese Yoga Methoden unerträglich, wenn nicht sogar unmöglich sein. Für viele Menschen ist es schwierig, Ruhe zu finden, während sie sich ständig darum sorgen, von den Personen im Raum möglicherweise berührt zu werden, oder dass es im Raum plötzlich zu laut ist. Oder wenn körperliche Nähe alles andere als entspannend ist. Eine Panikattacke mitten im Unterricht ist nicht gerade der gewünschte Effekt!

 

Trauma-sensibles Yoga: Was ist das?

Zum Glück entdeckte ein Mann namens David Emerson im Jahr 2002, dass er Traumata mit Yoga behandeln konnte. Er wandte sich mit seinen Erkenntnissen an Dr. Bessel van der Kolk und mit dem Wunsch, mehr auf diesem Gebiet zu tun. Gemeinsam schufen sie eine Plattform, die später zu traumasensiblem Yoga (TSY) wurde und speziell Menschen mit Trauma und PTBS hilft. Im Laufe mehrerer Jahre zog Emerson verschiedene Yogalehrer mit unterschiedlichem Fachwissen hinzu, um die Entwicklung des Programms zu unterstützen. Die National Institutes of Health finanzierten ihren Prozess sogar.

 

„Für viele Menschen mit PTBS ist es schwierig, Ruhe zu finden, während sie sich ständig darum sorgen, von den Personen im Raum möglicherweise berührt zu werden.“


Traumasensibles Yoga unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen Yoga-Praktiken. Je nach Studio variieren die Methoden, aber in der Regel sind die Klassen klein. Bei herkömmlichen Yoga-Kursen ist es gut möglich, strenge Seitenblicke zu bekommen, wenn du während einer Yoga Session die Atmosphäre störst, indem du einfach aufstehst und den Raum verlässt. Beim traumasensiblen Yoga kann jeder ruhig kommen und gehen, so wie er es benötigt. Bei denjenigen die die Kurse besuchen, herrscht ein Verständnis darüber, dass es ein sensibler Prozess ist.


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Das Studio, das ich ausprobiert habe, war sehr entspannt. Die Leiterin von Samdhana-Karana Yoga war zudem eine Therapeutin und hatte schon zuvor mit Traumapatienten gearbeitet. Sie besaß außerdem die Nummer meines Therapeuten und Notfallkontakte für den Fall eines Triggerns. Eine solche Vorbereitungsarbeit, war mit nichts vergleichbar, das ich kannte. Dadurch konnte ich mich im Studio und während des Kurses sicher fühlen. Normalerweise kannst du einfach in einem Yoga- oder Fitnessstudio auftauchen, die Gebühr bezahlen und in den Kurs einsteigen. Es ist alles ziemlich unpersönlich für jemanden mit Trauma. Normalerweise herrscht also nicht die Gewissheit, sich in einer sicheren Umgebung zu befinden, falls etwas schief geht.

 

Dein Körper, deine Methode

Es wird viel Wert auf den Leitsatz "Dein Körper, deine Methode" gelegt. Dies hilft dem Praktizierenden, seine Bedürfnisse anzuerkennen. Du kannst dich immer wieder daran erinnern, dass du die Übungen für dich tust. Anstatt traditionelle Yoga-Posen auszuführen, ermutigt TSY die Menschen, sich mit minimaler und sanfter Anleitung so zu bewegen, wie sie es brauchen.

Die Teilnehmer werden gebeten, auf Kontaktpunkte zu achten. Dies sind die Punkte, an denen der Körper Berührung erfährt. Zum Beispiel, wenn der Rücken oder die Hände den Boden berühren, wie viel Drück ausgeübt wird, und so weiter.  Es gibt oft keine harten Yoga-Bewegungen oder -Posen. Der Fokus liegt darauf, einen sicheren Ort für Menschen mit Trauma zu schaffen, an dem mit Yoga Heilung und Achtsamkeit erfahren werden können. Es gibt einige großartige Videos auf der TSY-Webseite, die kurze Beispiele dafür geben, wie traumabasiertes Yoga aussieht.

 

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Deine Wahl: Während einem trauma-sensitiven Yogakurs kannst du kommen und gehen, wie es dir gut tut

 

Was ist Neurogenic Yoga™?

Traumasensibles Yoga ist jedoch nicht die einzige Option für Trauma-Betroffene. Ein weitere ist Neurogenic Yoga ™. Neurogenic Yoga ™ ist zwar in vielerlei Hinsicht ähnlich, zeichnet sich jedoch dadurch aus, dass es Yoga Asana und Pranayama anwendet und mit der natürlichen, therapeutischen „schüttel“ Reaktion des Körpers kombiniert.

Warum ist der letzte Teil so wichtig? Peter A. Levine, PhD, Entwickler von Somatic Experiencing und Gründer der Foundation for Human Enrichment, hat sein ganzes Leben damit verbracht, Traumata bei Patienten zu erforschen und zu behandeln. Zu seinen bahnbrechenden Forschungen gehört die Praxis, Traumata durch den Körper aufzulösen.


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In einem seiner Bücher, In an Unspoken Voice: How the Body Releases Trauma and Restores Goodness, diskutiert Levine, wie der Körper auf natürliche Weise auf Traumata reagiert. Wenn unsere instinktiven Kampf- oder Fluchtreaktionen nicht ausgelebt werden können, beginnen wir mit dem sogenannten "Buckeln oder Erstarren". Dadurch kann ein Trauma im Körper erzeugt und gespeichert werden. Levine glaubt, dass wir unser Trauma heilen können, indem wir dem Körper erlauben, den Traumazyklus zu beenden. Das bedeutet konkret, dass der Körper wenn nötig so lange zittern darf, bis er von selbst wieder aufhört.

 

„Anders als bei normalen Yoga Kursen, bei denen du strenge Seitenblicke bekommen kannst, wenn du während einer Yoga Session einfach aufstehst und den Raum verlässt, kann beim traumasensiblen Yoga jeder ruhig kommen und gehen, so wie er es benötigt.“


Sein Buch und seine Forschung sind phänomenal und ich kann sie jedem mit einem Trauma nur empfehlen. Neurogenic Yoga ™, welches das körperliche Zittern in die Traumabehandlung aufnimmt, ist fantastisch. Während traumasensibles Yoga zwar hilft, brauchen Menschen, die ein Trauma durch Autounfälle, Militäreinsätze und gewaltsame Angriffe haben, mehr als bloße Entspannung. Sie müssen die Möglichkeit haben, den Körper auf eine andere Art und Weise schütteln und bewegen zu können, um dieses Trauma physisch zu lösen.

 

Wie Traumata und ein unruhiges Bewusstsein zusammenhängen

Traumata und PTBS sind anstrengend. Das Problem bei einem Trauma ist, dass der Betroffene selten vollkommen bewusst in seinem Körper anwesend ist. Pete Walker ist ein weiterer Experte, der sich speziell mit komplexen Postraumatischen Belastungsstörungen befasst. Seine Studien zu den vier Reaktionen Kampf / Flucht / Erstarren / Buckeln - erklären viel darüber, warum Menschen mit PTBS selten Entspannung finden können. Anstatt gesunde und ausgewogene Reaktionen bei Kampf / Flucht / Erstarren / Buckeln zu erleben (denn diese Reaktionen haben alle Menschen), erleben Menschen mit PTBS zwei Reaktionen, auf die sie sich stark verlassen.

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Gruppenzugehörig hilft: Gemeinsam lernen, praktizieren, wachsen

 

So können Betroffene in einer ständigen Kampf und Flucht Reaktion gefangen sein oder in Erstarren und Buckeln. Dies bedeutet, dass wir im täglichen Leben nicht präsent sind. Wir stecken im Spannungsfeld von PTBS und Trauma fest. Und wenn wir feststecken und dabei nicht bewusst anwesend sind, können wir keine Freude und keine Glücksgefühle erleben.

 

Gegenwärtig sein führt zu Glück

Gehen wir auf diese Aussage etwas genauer ein: Die Fachzeitschrift Science AAAS berichtet von ihren Erkenntnissen darüber, wie mit den Gedanken anwesend sein zu Glück führt, während ein unruhiges Bewusstsein zu Unglück führt. Dies unterscheidet sich von der weit verbreiteten Annahme, dass Unglück zu geistiger Abwesenheit führt. Während die eigene Stimmung sicherlich dazu führen kann, über die Vergangenheit oder die Zukunft zu sinnieren, ist dieses gedankliche abschweifen an sich nicht die Ursache für Unglück. Es ist der Fokus auf Vergangenheit und Zukunft, ein ungesundes ständiges Grübeln, das zu Unglück führt.

In dem Artikel von Science AAAS heißt es: „Zusammenfassend ist der menschliche Geist ein wandernder Geist, und ein wandernder Geist ist ein unglücklicher Geist. Die Fähigkeit, darüber nachzudenken, was nicht passiert, ist eine kognitive Leistung, die mit emotionalen Kosten verbunden ist."


 

„Wenn wir im ständigen Grübeln feststecken und unfähig sind bewusst anwesend zu sein, können wir keine Freude und keine Glücksgefühle erleben.“

 

Traumabasiertes Yoga kann dabei helfen, den Praktizierenden auf sanfte und nicht bedrohliche Weise in die Gegenwart zu ziehen. Menschen mit Trauma leben gedanklich meist in der Vergangenheit oder an einem Ort der Angst um die Zukunft. Es ist dieser Mangel an Gegenwart, der direkt mit ihrem Unglück zusammenhängt. Das Schöne an traumasensiblem Yoga ist, dass es dich aus diesem Ort der Angst herausholt. Es trainiert deinen Körper, vergangene Erlebnisse erneut zu durchleben und sie auf körperlicher Ebene freizulassen.

Ganz gleich, welche Methode du anwendest - traumasensibles Yoga oder Neurogenic Yoga ™ - die Teilnahme am traumabasierten Yoga kann einen großen Unterschied in deiner Erfahrung ausmachen. Es kann auch dabei helfen, den eigenen Atem zu finden. Ein Atemzug, der mit jedem Einatmen Frieden einbringt und bei jedem Ausatmen Anspannung und Stress abbaut.

Durch traumabasiertes Yoga lernen diejenigen, die eher nicht in ihrem eigenen Körper präsent sind, wie man in seinem Körper ist. Wenn du ein Trauma hast, kann traumasensibles Yoga Wunder wirken und zu einem Leben voller Freude und Glück führen, indem du täglich übst, präsent zu sein und im Moment zu leben. ●

Titelbild: Colorbox.com
 

Gefällt dir diese Geschichte? Dann ließ mehr über meine persönliche Reise mit traumasensiblem Yoga…

 

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Geschrieben von Sienna Saint-Cyr

sienna-saint-cyr.jpgSienna Saint-Cyr ist Autorin, Anwältin und Gründerin von SinCyr Publishing. Sie spricht auf Kongressen, Workshops und bei privaten Zusammenkünften über die Bedeutung eines gesunden Körperbildes. Weitere Themen sind das Verständnis von enthusiastischer Zustimmung, die Verwendung von Sexualität zur Förderung der Heilung, sich in vielfältigen oder nicht-traditionellen Beziehungen zuerchtzufinden, komplexe PTBS und vieles mehr. Sienna liebt es, ihre Reise der Heilung und des Glücks mit ihren Lesern zu teilen. Sienna schreibt nicht nur Erotik und Romantik, sondern spricht auch auf Kongressen, Workshops und bei privaten Zusammenkünften über sexuell positive Themen wie ein gesundes Körperbild, die Verwendung von Sexualität zur Förderung der Heilung und die Navigation in verschiedenen oder nicht traditionellen Beziehungen. Sie schreibt für mehrere Websites. Finde mehr heraus.


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