Ein positives Körpergefühl kann sich stark auf das allgemeine Glücksgefühl einer Person auswirken. Wer hingegen mit seiner Körperform unzufrieden ist, dessen allgemeines Wohlbefinden kann dadurch beeinträchtigt werden. Einige Studien deuten darauf hin, dass das Nacktsein unter Fremden - Nudismus oder Naturismus - ein positive Körpergefühl fördern kann - das nehmen wir mal genauer unter die Lupe.

 

Die meisten haben es schon mal erlebt – und wenn nicht, wird der Tag sicher kommen: Wir betrachten uns und unseren Körper im Spiegel, taxieren die Stellen, die wir nicht mögen, weil sie kleiner, größer, glatter oder am besten überhaupt nicht da sein sollten. Wenn wir zur selben Zeit von allen Seiten mit Bildern von perfekten Körpern konfrontiert werden, ist es kein Wunder, dass viele Menschen kein positives Körpergefühl haben.

So geht es vielen Menschen. In vielen Ländern der Welt herrscht eine große Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper. Studien wie die von Andrea Pelegrini und Edio Petroski aus dem Jahr 2010, an denen Versuchsgruppen aus 24 Ländern teilnahmen, haben gezeigt, dass ein solches schlechtes Körperbild dazu führen kann, dass Menschen als Antwort auf dieses Problem ihre Essgewohnheiten radikal verändern.

Aus dieser Studie geht auch hervor, dass die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper häufig schon in der Kindheit beginnt. Die Autoren gaben an, dass „eine Studie mit Schülern der Sekundarstufe im Großraum Florianópolis, SC, ergab, dass 48,2 Prozent dieser Schüler mit ihrem Körpergewicht unzufrieden waren“. Und das „Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper sogar bei Kindern vor der Pubertät beobachtet wird.“ Dass es einen Zusammenhang zwischen einem positiven Körpergefühl und dem Selbstwertgefühl gibt, ist deutlich festgestellt worden. Nachzulesen ist dies etwa in einer Veröffentlichung von Hesketh et al. (2004), die sich mit Adipositas bei Jugendlichen befasste.

Eine nachweisbare Kausalität zwischen Selbstakzeptanz, Selbstwertgefühl und Lebenszufriedenheit wurde in Studien unter anderem von Navarro et al. (2014) gezeigt. Diese bestätigen, dass „das Verhältnis des persönlichen Selbstwertgefühls zur Lebenszufriedenheit signifikant für beide Geschlechter war“. Eine logische Schlussfolgerung daraus ist, dass ein positives Körpergefühl wahrscheinlich zu einem höheren Maß an Zufriedenheit und Glück führt.

 

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Solche Bilder umgeben uns täglich. Weiße, hübsche, junge Frauen. Zeit, sich mit realen Körperbildern zu umgeben!

 

Untersuchungen haben auch ergeben, dass das Erfahren vielfältiger nackter Körperformen sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Probanden zu einer Verbesserung des positiven Körperbildes führt (Swami, 2015). An Swamis' Studie waren Teilnehmer eines Kurses für Aktzeichnen beteiligt. Es hat sich aber auch gezeigt, dass dieses Prinzip für all diejenigen gilt, die sich unbekleidet mit anderen Menschen in einer Gruppe befinden – also Naturismus praktizieren.

 

Positives Körpergefühl: die Verbindung zu Naturismus

Wie sich ein verbessertes Körperbild positiv auf das Selbstwertgefühl und das gefühlte Glück auswirkt, wurde bereits nachgewiesen. Erst kürzlich wurden jedoch Studien durchgeführt, die direkt auf die Zusammenhänge zwischen Naturismus und Zufriedenheit abzielen.

K. J. West (2017) versuchte, die Auswirkungen des Naturismus auf das positive Körperbild, das Selbstwertgefühl und das Glück zu beobachten. Zunächst durch umfassende Erhebungen und Analysen und anschließend durch nudistische Aktivitäten im wirklichen Leben.

 

West stellte die Hypothese auf, dass mehr Kontakt mit dem Thema Naturismus mit einer höheren allgemeinen Zufriedenheit einhergehen würde. Er engagierte 849 britische Erwachsene mit unterschiedlichem Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Sexualität und Geschlecht. West ließ sie an einer Umfrage teilnehmen, um „die Auswirkungen von FKK-Aktivitäten auf die Lebenszufriedenheit zu ermitteln, die durch ein verbessertes Körperbild und Selbstwertgefühl vermittelt werden“. 

 

„Untersuchungen haben ergeben, dass das Erfahren vielfältiger nackter Körperformen sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Probanden zu einer Verbesserung des positiven Körperbildes führt.“

 

Ohne die Absichten der Umfrage darzulegen, wurden die Teilnehmer gefragt, ob sie Erfahrung mit „Aktivitäten ohne Kleidung“ haben. Nicht gezählt wurden dabei solche im nahen Familienumfeld oder mit einem Sexualpartner. In den darauf folgenden Fragen, wurde das Selbstwertgefühl jedes Einzelnen sorgfältig bewertet. Hierfür wurde von den Teilnehmern eine Bewertung von eins bis sieben verlangt, stellvertretend für völlige Zustimmung oder völlige Ablehnung zu Aussagen zum Körperbild wie den Folgenden:

Ich respektiere meinen Körper
• Ich fühle mich nicht gut mit meinem Körper
• Trotz seiner Mängel akzeptiere ich meinen Körper so wie er ist 

Ebenso gab es eine Reihe von Fragen zum Selbstwertgefühl, zum Beispiel:

Insgesamt bin ich mit mir zufrieden
• Ich habe das Gefühl, dass ich eine Reihe guter Eigenschaften habe
• Alles in allem neige ich dazu zu denken, dass ich ein Versager bin 

 

Die allgemeine Zufriedenheit mit dem Leben wurde unter anderem anhand folgender Fragen beurteilt:

 

• In den meisten Bereichen ist mein Leben nahezu ideal
• Die Bedingungen meines Lebens sind ausgezeichnet
• Ich bin zufrieden mit meinem Leben 


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Dass wir in den Medien nur von perfekten Körperformen umgeben sind, zeigte auch die Bildersuche für diesen Artikel - "normale" Körperformen waren kaum zu finden

 

Unter Verwendung der Punktzahlen für diese Fragen, die mit dem Grad der Teilnahme jedes Befragten an einem naturistischen Lebensstil ins Verhältnis gebracht wurden, legte West empirische Beweise für seine Schlussfolgerungen vor.

 

Positives Körpergefühl: Fazit aus der ersten Studie

Die Hypothese von West wurde durch die Daten gestützt. Denn tatsächlich zeigten die Ergebnisse eine Korrelation zwischen der aktiven Beteiligung am Naturismus und höherem allgemeinen Glücksempfinden.

Dieses wurde durch ein positiveres Körperbild und ein höheres Selbstwertgefühl vermittelt. Die Analyse der Daten legt nahe, dass eine positiveres eigenes Körperbild nicht ausschlaggebend für die Entscheidung war, an Aktivitäten der freien Körperkultur teilzunehmen, sondern das dieses ein Ergebnis der Teilnahme war. Es konnte auch ein Effekt beobachtet werden, bei dem die Steigerung der Zufriedenheit mit verstärkter Teilnahme an FKK-Veranstaltungen nachließ.

 

Anwendung der Erkenntnisse durch die Teilnahme an realen naturistischen Aktivitäten: zweite Studie

Unterstützt durch die Kernhypothese, bestand der logische nächste Schritt darin, die potentielle Wirkung im realen Leben direkt zu untersuchen. West machte eine Gelegenheit aus, eine FKK-Veranstaltung, „Bare All For Polar Bears“. Während dieser Veranstaltung gingen 24 Teilnehmer nackt durch den Yorkshire Wildlife Park von Doncaster.

Nachdem er die Erlaubnis erhielt, verteilte er eine gekürzte Form der Fragebögen aus der Studie, die die Probanden vor dem Entkleiden ausfüllen sollten. Der gleiche Fragebogen wurde ihnen unmittelbar nach der Veranstaltung vorgelegt, nachdem sie sich angezogen hatten.

 


„Tatsächlich zeigten die Ergebnisse eine Korrelation zwischen der aktiven Beteiligung am Naturismus und höherem allgemeinen Glücksempfinden.“

 

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Teilnehmer*innen auf einer Naturismus-Wanderung für einen guten Zweck ©YWP Twitter

 

Quantitative Unterschiede zwischen den Punktzahlen vor und nach dem Ereignis deuteten auf „positive psychologische Effekte“ hin, was die Hypothese von West zu stützen scheint. Aufgrund des geringen Stichprobenumfangs und der Möglichkeit, dass andere Aspekte diesen Effekt verursacht haben, wie beispielsweise die Wohltätigkeit der Veranstaltung, ist jedoch Vorsicht geboten. Die positive Korrelation war auch nicht reversibel. Dies bedeutet, dass in diesem Fall die Probanden die Nacktheit nicht als etwas neues annehmen konnten, da sie bereits körperbewusst waren.

 

Körperbild und Naturismus: die dritte Studie

Für dieses Element der Forschung wurde eine andere Veranstaltung, 'Waterworld', verwendet. 100 Erwachsene hatten sich zu Studienzwecken drei Stunden lang in einem Wasserpark in Stoke-on-Trent nackt aufgehalten. Niemand musste an bestimmen Aktivitäten teilnehmen, einzige Bedingung der Studie war es, sich im Park aufzuhalten. Auch hier bestand die Forschungsmethode darin, dieselben Fragebögen vor und nach dem Ereignis wie in der zweiten Studie zu verwenden. Es zeigte sich, dass die Zufriedenheit auf ein naturistisches Erlebnis folgte, anstatt andersherum. 

Erneut konnten in den aus den Fragebögen Daten eindeutige Hinweise auf einen konstruktiven Effekt auf das Glück beobachtet werden. Außerdem wurde ein gesteigertes positives Körperbild und ein höheres Selbstwertgefühl beobachtet. Daraus lässt sich ein Zusammenhang zwischen Naturismus und Zufriedenheit mit dem eigenen Leben schließen. Wie in den Studien eins und zwei gezeigt, gilt die Beziehung zwischen Naturismus und hohem Selbstwertgefühl und Glück aber nicht umgekehrt. Glückliche und selbstbewusste Menschen neigen nicht eher dazu, freie Körperkultur zu betreiben.

 

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Antike Postkarte eines FKK-Strands auf Sylt - vor allem in Norddeutschland ist nackte Badekultur keine Seltenheit

 

Folgerungen aus den Forschungsergebnissen

Es ist eine wissenschaftliche Binsenweisheit, dass Korrelation keine Kausalität beweist. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass der Akt der Nacktheit im nicht-intimen Umfeld die Lebenszufriedenheit steigert: Ein Dominoeffekt durch Nacktheit, der ein positives Körperbild hervorruft, das Selbstwertgefühl verbessert und insgesamt zu mehr Glück führt.

Wests Beobachtung, dass die Wirkung der Nacktheit auf Glück und Zufriedenheit abnimmt, je häufiger Naturismus praktiziert wird, legt nahe, dass den größten Nutzen die Mehrheit der Bevölkerung hat, die freie Körperkultur noch nicht ausprobiert hat. ●


Main image: Colourbox.com 

 

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